"Die Süddeutsche Küche" von Katharina Prato

Die Süddeutsche Küche
auf ihrem gegenwärtigen Standpunkte
mit Berücksichtigung des Thee´s 
für Anfängerinnen sowie für practische Köchinnen
zusammengestellt von Katharina Prato.
4. verbesserte und vermehrte Auflage.
Aug. Hesse´s Buchhandlung, Gratz 1864

Die Süddeutsche Küche
auf ihrem gegenwärtigen Standpunkte
mit Berücksichtigung des Thees
und einem Anhange über das moderne Servieren
nach metrischem Maß und Gewicht berechnet
für Anfängerinnen sowie für praktische Köchinnen
zusammengestellt von Katharina Prato (Edle von Scheiger).
20. neu bearbeitete und vermehrte Auflage.
Verlags-Buchhandlung Styria, Graz 1889

Die Süddeutsche Küche
mit Berücksichtigung des Thees
und einem Anhange über das Servieren
für Anfängerinnen sowie für praktische Köchinnen
zusammengestellt von Katharina Prato (Edle von Scheiger).
26. Auflage. 
Verlags-Buchhandlung Styria, Graz 1897



Die Grazerin Katharina Prato (1818-1897) gilt als eine der erfolgreichsten Kochbuchautorinnen. Einige ihrer Rezepte sind auch heute noch weitverbreitet; z.B. taucht ihr Rezept für Vanillekipferl in vielen anderen Kochbüchern auf. Auch die Floskel "Man nehme..." soll durch Katharina Prato zu einem typischen Satzbeginn in Kochrezepten geworden sein.

Mit dem Sammeln von Rezepten beginnt Katharina Prato aufgrund des Magenleidens ihres Mannes Eduard Pratobevera. Aus dieser Rezeptesammlung entsteht ein Kochbuch, das erstmals 1858 veröffentlicht wird und bis 1938 in 79(!) Auflagen erschienen ist: "Da die in vielen Jahren für meinen eigenen Gebrauch gesammelten Kochrecepte mir selbst von großem Nutzen waren und bei anderen vielen Beifall fanden, mich auch viele aufforderten, sie durch den Druck allgemein zugänglich zu machen, entschloß ich mich dazu und suchte meine Sammlung zu vervollständigen und mit erfahrenen Frauen zu berathen." 
Katharina Prato, "Die Süddeutsche Küche", Vorrede zur ersten Auflage, Graz, August 1858

In meinem Besitz befinden sich gleich mehrere Ausgaben aus verschiedenen Auflagen; die älteste davon aus der 4. Auflage von 1864. Zum Kochen verwende ich gerne die 20. Auflage von 1889 und die 26. Auflage von 1897. Warum mehrere Ausgaben von ein und demselben Buch? Keine Ahnung. Manchmal sehe ich eine Prato auf dem Flohmarkt "herumkugeln" und bring es einfach nicht übers Herz sie dort ihrem Schicksal zu überlassen. Für die Zukunft habe ich mir aber vorgenommen, keine Prato mehr zu kaufen - es sei denn, mir läuft eine der sehr sehr seltenen Erstausgaben über den Weg ;-)

Diesem Kochbuch verdanke ich nicht nur zahlreiche leckere Rezepte sondern auch das eine oder andere "Küchenexperiment". Einerseits findet man in dem Kochbuch meist keine "richtigen" Rezepte sondern nur "Anleitungen ohne Mengenangaben". Andererseits sind manche Lebensmittel von damals mit den Lebensmitteln von heute einfach nicht zu vergleichen (z.B.: Kristallzucker von heute ist VIEL süßer als der Rohrzucker von damals *großer Zwinker an meine Punschdamen*). Und so zeigt die folgende Liste auch keine abgeschriebenen Rezepte aus der Prato sondern vielmehr meine eigenen Rezeptversuche in Anlehnung an mein liebstes Kochbuch:

Abgeschmalzener Spargel
Apfelstrudel
Butterbretzeln
Erbsenbrühe
Erdäpfelbögen
Faschingskrapfen
Flaum-Pastete
Geduld-Biscuiten 
Geflochtener Striezel
Gefüllte Schnitten von Bröselteig
Gewürz-Schifteln
Gugelhupf
Johannisbrottorte
Königskuchen 
Magdalenenschnitten
Mandelschnitten
Metternichschnitten
Napoleonschnitten 
Punsch
Rehrücken
Reinling
Reis-Schnitzchen
Sardellenbutter 
Schokoladeschnitten
Schokoladestrudel 
Unterlegtes Erdäpfelkoch
Vanillekipferl ohne Ei
Weinpunsch
Wiener Schnitzel ohne Ei
Zimtkuchen ohne Ei


Neben der Vielfalt an Rezepten findet man in "Die Süddeutsche Küche" auch viele Hinweise zum Anrichten, Tafeldecken und Servieren im späten 19. Jahrhundert.
War es zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch üblich alle Speisen gleichzeitig auf den Tisch zu stellen, so ist es seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa üblich, die einzelnen Speisen als separate Gänge zu servieren (Service á la Russe).
Anders als heute wurden die fertig dekorierten Teller aber nicht einfach eingestellt, sondern die Speisen auf Platten und in Schüsseln angerichtet und "auf der flachen Hand mit einer zusammengelegten dicken Serviette darunter herumgetragen [...] und den Gästen auf der linken Seite gereicht". Früchte, Backwerk, Salat und Compot wurden nicht vorgereicht sondern gleich auf den Tisch gestellt. Falls benötigt wurden auch Salz- und Pfefferbehältnisse, Essig, Öl, gestoßener Zucker und Gebäck auf den Tisch gestellt, "damit jede Person am Tische sie bequem erreichen könne."
Nur "bei gewöhnlichen Familien-Mahlzeiten" wurden die angerichteten Speisen auf Platten oder in Schüsseln einfach auf den Tisch gestellt, dass sich jeder davon nehmen konnte.

Pratos Menüvorschläge und "Speisen-Folgen" für das ganze Jahr zeigen bis zu 15 Gänge und sind für große bzw. feine Gesellschaften: Mittags-Tafeln, Fasten-Mittagstafeln, Abendessen und "elegante Nachtmahle" (Souper), Gabelfrühstück, Gabelfrühstück nach einer Hochzeit, kaltes Buffet im Freien, Frühstück und Jausen. Sogar Menüs für Hausbälle oder Bälle sind in ihrem Buch zu finden!
Um diese "Zusammenstellungen von Speisen für große Tafeln auch für einfachere anwendbar zu machen, sind die Speisen für die letzteren durch gesperrte Schrift hervorgehoben und können durch Beibehalten einer Assiette (=Hors d`oeuvres) oder Mehlspeise zu einer Mittelgattung erweitert werden."

Menü im Dezember:
- Suppe mit Bröselknöderl
- Käsesemmeln
- Mostbraten mit Erdäpfelpüree und braungedünstetem Kraut
- Gefüllter Truthahn mit Kastanienfülle und gemischtem Salat

Fasten-Mittagstafel:
- Gestoßene Fischsuppe mit Champignons
- Falsche Austern
- Erdäpfelkrapfeln mit Käse
- Garnierter Fisch mit Eiersauce
- Backfisch mit Salat
- Schwarzes Chocolatekoch
- Mandeltorte

Nachmittagstee:
- Thee mit Rum und Obersschaum
- Butterschnitten mit Sardinen
- Falscher Lachs
- Weihnachtsstollen
- Gemischtes kleines Backwerk
- Gesulzte Creme









Auch Katharina Pratos zweites Werk "Die Haushaltungskunde - Ein Leitfaden für Frauen und Mädchen aller Stände" ist eine wahre Kostbarkeit für alle, die sich mit der Gesellschaft und dem Frauenleben im 19. Jahrhundert beschäftigen.
In diesem Werk beschreibt sie viele Aufgaben und Tätigkeiten in Haushalt und Garten aus Sicht der Hausfrau; aber auch aus der Sicht der Dienstmädchen: Einrichtung und Reinhaltung der Wohnung, Nahrung, Küchen- und Servierarbeiten, Kleidung und Wäsche, Kinderpflege und -erziehung, Gesundheitspflege und Wartung Kranker, Hausgarten, Pflege der im Haushalt nützlichen Thiere, schädliche Thiere, u.v.m.
Einige Kapitel sind unglaublich interessant und liefern auch für die heutige Zeit noch nützliche Tipps. Andere - vor allem Kapitel über Kinderziehung und "Gesundheitspflege" - sind aus heutiger Sicht nur mit Vorsicht zu genießen!

Beim Vergleich der verschiedenen Auflagen kann man auch den technischen Fortschritt beobachten. Gibt es in der 4. Auflage von 1886 noch eine detaillierte Beschreibung von verschiedensten Beleuchtungsformen (Petroleumlampe, Rübsöl, Kerzen, Fluidlämpchen, Leuchtgas); findet man in der 10. Auflage von 1918 als Abschluß deselben Kapitels bereits die Überzeugung, dass "das Ideal der Beleuchtung das elektrische Licht" ist.

DIE HAUSHALTUNGSKUNDE - Ein Leitfaden für Frauen und Mädchen aller Stände
von Katharina Prato (Edle von Scheiger), 4. vermehrte und verbesserte Auflage
Aug. Hesse´s Buchhandlung, Gratz, 1886

Einige Kapitel aus dem Buch gibt es im "Archiv" auf unserer Website www.kleidertruhe.at!