Weihnachtsmenü nach Johann Rottenhöfer, ~1860

Adventskalender - Tag 24

Als Abschluss meines diesjährigen Adventskalenders entführe ich euch heute auf eine weitere kulinarische Zeitreise ♥





Mein heutiges viktorianisches Menü stammt aus meinem "neuesten" historischen Kochbuch, das ich einem Flohmarktfund von Eva verdanke. Sie rief mich an, ob mir der Name Rottenhöfer etwas sagt und ob mich sein Kochbuch interessiert. Der Name sagte mir gar nichts und wegen der fehlenden Jahreszahl wusste ich nicht, welchen Kochbuchschatz sie mir da mitbringen würde. Ich kann mich noch genau daran erinnern gesagt zu haben "mehr als 20 Euro darf es aber nicht kosten, ist ja keine Prato". Wie ich mittlerweile weiß, ist das Buch um 1860 erschienen und wurde von Johann Rottenhöfer, Haushofmeister und Koch von König Maximilian II. und König Ludwig II. von Bayern, geschrieben. Das älteste Buch in meiner Kochbuchsammlung und eines der interessantesten Kochbücher, das ich je in Händen halten durfte1.





Nicht zuletzt, weil das Kochbuch noch vor der Vereinheitlichung der Flüssigkeitsmaße und Gewichte erschienen und daher voller Mengenangaben wie bayrischem Maß, Pfund, Loth und Quart ist. Auf den ersten Seiten findet man in dem Buch sogar eine Übersicht über die verschiedenen Flüssigkeitsmaße und Gewichte in Europa. Spannend!





Scheinbar hat sich auch eine meiner Vorbesitzerinnen schon mit den Umrechnungen beschäftigt. Auf der Innenseite des Umschlags stehen die wichtigsten Umrechnungen von Loth auf Dekagramm.




Auf der Umschlagseite konnte ich auch noch eine weitere Schrift entdecken. Sehr klein und beinahe schon verblasst wurde nach der Fotobearbeitung folgende Schrift sichtbar: "1. August 1866. From dear Mama, To become a good housekeeper." Vielleicht sogar von der Erstbesitzerin? ♥




Aber nun kommen wir endlich zu unserem heutigen Menü! Neben den vielen Rezepten gibt es im Kochbuch auch einen Speiseplan für die Sonntage des Jahres zu finden. Eines der Dezember-Menüs habe ich für den heutigen Blogeintrag nachgekocht:
  • Nudelsuppe mit Huhn
  • Englischer Braten
  • Rouletten vom Wirsching
  • Fleckelpastete
  • Indian gebraten mit Salat
  • Biscuitpudding mit Rum
Tatsächlich habe ich alle Gänge gekocht, allerdings habe ich statt dem gebratenen "Indian" eine etwas kleinere Poularde auf den Tisch gebracht. Immerhin möchten Walter und ich uns die nächsten Tage und Wochen nicht nur von Truthahnresten ernähren ;-)
Die Zubereitung habe ich aber nicht geändert, also falls ihr das Menü mit Truthahn nachkochen möchtet, einfach statt der Poularde einen Truthahn nehmen (und pro Kilogramm etwa 1 Stunde bei 160°C garen).

Im Vergleich zu anderen historischen Kochbüchern ist es auffallend, dass Johann Rottenhöfer nicht ganz so sparsam mit Lebensmitteln umgegangen ist. Die meisten Rezepte beinhalten Fleisch und viele Eier. Noch dazu werden in den Rezepten meist mehr Dotter als Eiklar verwendet oder umgekehrt. Ich will Johann Rottenhöfer keine mangelnde Sparsamkeit unterstellen, aber der Unterschied zu Rezepten von Katharina Prato ist schon wesentlich.




Nudelsuppe mit Huhn

100 g Mehl
1 Prise Salz
1 Ei
eventuell 1-2 EL Wasser

1 Sellerie
1 Pastinake
2 Karotten
1 gelbe Rübe
400 g Hühnerfleisch (z.B. Hühnerkeulen mit Haut)
etwas Petersilie
Salz, Pfefferkörner
Schnittlauch

Mehl mit Salz und Ei zu einem festen und glatten Teig verkneten. Teig möglichst dünn ausrollen, laut Johann Rottenhöfer "so zwar, daß man eine grobe gedruckte Schrift dadurch lesen kann." Teigplatte in etwa drei Finger breite Streifen schneiden und diese trocknen lassen.
In einem großen Topf Wasser erhitzen. Sellerie, Pastinake, Karotten und gelbe Rüben schälen und mit dem Hühnerfleisch hineinlegen. Petersilie, Salz und Pfefferkörner zugeben und etwa 1 1/2 Stunden leicht köcheln lassen.
Nudeln in reichlich Salzwasser al dente kochen, abseihen und abschrecken.
Hühnersuppe abseihen und nochmals aufkochen lassen. Hühnerfleisch und Gemüse fein putzen, in möglichst dünne Streifen schneiden (Julienne) und gemeinsam mit den Nudeln wieder in die Suppe geben. Abschmecken. Schnittlauch fein schneiden und kurz vor dem Servieren drüberstreuen.





Englischer Braten

600 g speckige kleine Kartoffeln
Salz, Pfeffer
etwas Öl

ca. 1 kg Beiried
Salz, Pfeffer
etwas Öl

Kartoffeln in der Schale weichkochen. Wasser abgießen und die Kartoffeln ausdampfen lassen.

Beiried rundum mit Salz und Pfeffer würzen. In einer Pfanne Öl erhitzen und das Fleisch rundum scharf anbraten. Aus der Pfanne heben, auf ein Backblech legen und bei 160°C etwa 1 Stunde braten. Bratenrückstand mit etwas Wasser ablöschen und den Braten damit immer wieder begießen. Nach einer Stunde ist der Braten innen noch richtig rosa. Falls ihr den Braten lieber mehr durch haben möchtet, solltet ihr ihn noch länger im Rohr lassen.

Kartoffeln schälen und in etwas heißem Öl rundum goldbraun braten. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.





Rouletten vom Wirsching

10 Kohlblätter

2 EL Öl
1 Zwiebel
100 g Speck
300 g Kalbfleisch
Salz, Pfeffer

50 g Semmelwürfel
etwas heiße Milch

2 Eier
etwas Petersilie

1 Zwiebel
3 Scheiben Speck
Gemüsebrühe

Kohlblätter in Salzwasser kurz blanchieren, aus dem Topf nehmen und abtropfen lassen.
Zwiebel fein hacken und in Öl anschwitzen. Speck klein schneiden, zugeben und kurz durchrösten. Kalbfleisch in kleine Stücke schneiden, ebenfalls zugeben und alles gut durchrösten. Mit Salz und Pfeffer würzen.
Semmelwürfel in heißer Milch einweichen. Gut ausdrücken und zum Kalbfleisch geben. Auskühlen lassen.
Die ausgekühlte Masse möglichst fein schneiden und schließlich mit Hilfe der Küchenmaschine oder dem Mixer fein pürieren. Eier und etwas gehackte Petersilie zugeben und alles gut vermengen. Acht Kohlblätter mittig mit je 1-2 EL der Kalbsfarce belegen und eng einrollen.
Eines der übrigen Kohlblätter in einen Topf legen und die gefüllten Kalbsröllchen darauflegen. Zwiebel in Scheiben schneiden und ebenso wie die Speckscheiben darauf verteilen. Übriges Kohlblatt darauflegen und soviel Gemüsebrühe zugießen, dass alles knapp bedeckt ist. Für etwa 40 Minuten leicht köcheln lassen. Die Kalbsröllchen vorsichtig aus dem Topf heben, die Speckscheiben kurz anbraten und gemeinsam servieren.





Fleckelpastete

280 g Mehl
140 g Butter
2 Eier
Salz

200 g Fleckerl
200 g Schinken
70 g weiche Butter
1 Ei
1/2 Becher Sauerrahm
etwas gehackte Petersilie
Salz, Pfeffer

1 Pkg. Blätterteig

1 verquirltes Ei zum Bestreichen

Mehl mit Butter verbröseln und mit Ei und etwas Salz rasch zu einem glatten Teig verkneten. Etwa 30 Minuten kühl rasten lassen.

Fleckerl in reichlich Salzwasser weichkochen, abseihen und abkühlen lassen. Schinken kleinwürfelig schneiden. Butter mit Ei und Sauerrahm verrühren. Abgekühlte Fleckerl, Schinken, etwas frisch gehackte Petersilie, Salz und Pfeffer zugeben und gut vermengen. Diese Masse in die vorbereitete Form legen.
Backrohr auf 180°C vorheizen. Den Boden einer kleinen Tortenform mit Backpapier auslegen.
Blätterteig ausrollen, Formen ausstechen und den Boden der Tortenform damit schön belegen*. Mit verquirltem Ei bestreichen.
Mürbteig ausrollen und zwei Kreise in Größe der Tortenform ausschneiden. Einen der Kreise in die Tortenform vorsichtig auf die Blätterteigdeko legen. Aus dem restlichen Mürbteig einen Streifen ausschneiden und den Rand der Tortenform damit auskleiden.
Nudel-Schinken-Masse hineinstreichen. Überstehenden Mürbteigrand wegschneiden. Teigrand mit Ei bestreichen. Zweiten Teigkreis in die Form legen und ebenfalls mit Ei bestreichen. Bei 180°C etwa 1 Stunde backen.
Aus dem Backrohr nehmen und den Rand der Tortenform vorsichtig vom Teig lösen. Pastete auf einen schönen Teller oder eine schöne Platte stürzen.

*Mein Tipp: Falls noch weiterer Blätterteig überbleibt, einfach Sterne ausstechen und diese für etwa 10 Minuten bei 180°C goldbraun backen. Damit bekommt z.B. ein schön gedeckter Tisch eine schöne Dekoration: einfach eine schöne Serviette auf die Teller oder Platzteller platzieren und darauf die Teigsterne legen :-)






Gebratene Poularde mit Salat

1 Poularde á ca. 2 kg
Salz, Pfeffer
ca. 100 g Speckscheiben
Gemüsebrühe

1 Endiviensalat
Öl, Essig und Salz

Poularde innen und außen mit Salz und Pfeffer würzen. Bruststücke mit Speckscheiben belegen. Poularde auf ein befettetes Backblech legen. Poularde drauflegen, mit etwas Gemüsebrühe begießen und bei 160°C etwa 2 Stunden braten. Immer wieder mit Gemüsebrühe begießen.

Endiviensalat fein schneiden, gut waschen und abtropfen lassen. Mit Öl, Essig und Salz marinieren und mit der gebratenen Poularde servieren.






Biscuitpudding mit Rum

100 ml Wasser
60 g Kristallzucker
100 ml Rum

4 Eiklar
1 Prise Salz

6 Dotter
100 g Staubzucker
70 g Butter
3 hartgekochte Dotter
70 g Mandeln
Orangenschale

ca. 30 Biskotten

geschmolzene Butter und Semmelbrösel für die Form
Staubzucker zum Bestreuen
1 Orange zum Dekorieren

Puddingform mit geschmolzener Butter bestreichen (Deckelinnenseite nicht vergessen!). Noch leichter kommt der fertige Pudding nach dem Kochen aus der Form, wenn man den Boden der Form mit einem kleinen runden Stück Backpapier auslegt.
Wasser mit Kristallzucker aufkochen. Rum zugeben und auskühlen lassen.
Eiklar mit Salz steifschlagen. Dotter, Staubzucker und Butter sehr cremig rühren. Hartgekochten Dotter fein passieren und ebenfalls zugeben. Mandeln und etwas geriebene Orangenschale unterrühren. Schnee unterheben. Einige Biskotten kurz im Rum drehen und den Rand der Puddingform damit auslegen. Etwa 2-3 EL der Creme in die Puddingform füllen. In Rum getauchte Biskotten auf die Creme legen. Immer abwechselnd Biskotten und Creme in die Form füllen bis diese gefüllt ist.
Deckel gut verschließen. In einem großen Topf Wasser erhitzen. Die Puddingform etwa 1/3 aus dem Wasser ragen lassen. Das Wasser sollte immer leicht köcheln; dabei darauf achten, dass genügend Wasser im Topf ist und eventuell noch nachgießen. Den Pudding etwa 1 Stunde in diesem Wasserbad garen lassen.
Puddingform vorsichtig aus dem Wasser heben, etwa 10 Minuten rasten lassen, öffnen und vorsichtig herausstürzen. Mit Staubzucker bestreuen und mit aufgeschnittenen Orangenstücken garnieren.






Somit ist mein diesjähriger Adventskalender komplett! Ich hoffe, dass er euch gefallen hat und ihr das eine oder andere Rezept auch ausprobieren konntet.
Ich wünsche euch ein wunderschönes Weihnachtsfest mit euren Lieben!
Mit vielen glücklichen Gesichtern und strahlenden Augen ♥



"Ich werde Weihnachten in meinem Herzen ehren 
und versuchen, es das ganze Jahr hindurch aufzuheben."
Charles Dickens




1 "Die gute bürgerliche Küche in allen ihren Theilen. Ein auf langjährige Erfahrungen gegründetes praktisches Handbuch. Den Frauen, Töchtern und Köchinen gewidmet" von J. Rottenhöfer, erster Mundkoch Sr. Majestät des Königs Maximilian II. von Bayern, Verlag von Braun & Schneider, München ~1860 (weitere Infos und nachgekochte Rezepte findet ihr hier)

Kommentare

  1. Ein Kuchen mit 9 Dottern! Der kann eigentlich nur köstlich sein! :-)

    LG, Kathi

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    1. Ohhhh ja, und vergiss den Rum nicht ;-)
      Liebe Grüße, Julia

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